Der Umgangston wird rauer - Hate Speech im Internet

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Dort, wo mehrere Menschen aufeinandertreffen, ist es meistens auch so, dass es zu Missverständnissen oder Streit kommt. Im Internet hat sich allerdings in den letzten Jahren ein Phänomen entwickelt, das noch weit über normale Meinungsverschiedenheiten und Sticheleien hinausgeht.

Von Hate Speech oder Hassrede spricht man dann, wenn Worte oder auch Bilder gezielt eingesetzt werden, um andere abzuwerten, anzugreifen oder sogar um zu Gewalt gegen eine Gruppe von Menschen aufzurufen. Nicht jeder ist dabei gleichermaßen betroffen – oft zielt Hate Speech auf Personen ab, die aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihres Geschlechts, ihrer Kultur oder sexuellen Orientierung ausgegrenzt und angefeindet werden. Studien aus Deutschland zeigen auf, dass mehr als 90 Prozent der Jugendlichen bereits Erfahrungen mit Hassrede im Internet gemacht haben.

Was gilt als Hassrede und was nicht?

Wenn es darum geht einzustufen, was als Hassrede gilt oder nicht, so zählt hier die Sicht der Betroffenen. Wenn ein wahrnehmbarer Teil einer Gemeinschaft eine Äußerung als herabwürdigend oder verletzend wahrnimmt, dann erst ist der Tatbestand erfüllt. Es gibt einige Elemente, die typisch für Hate Speech sind:

  • Ganze Gruppen von Personen werden gleichgesetzt (z. B. „Alle Muslime sind Terroristen.“).
  • Es erfolgt eine Gegenüberstellung von Wir und den anderen. Zudem wird zur Handlung aufgefordert. (z. B. „Wenn wir nicht etwas unternehmen, dann nehmen die uns alle Arbeitsplätze weg.“).
  • Es werden Verschwörungstheorien aufgestellt (z. B. „Die Regierung wusste das schon lange und hat es nur vertuscht, um besser dazustehen“).
  • Fakten werden komplett ausgeblendet oder es werden Falschaussagen getätigt (z. B. „Die Ausländer missbrauchen doch nur unser Sozialsystem.“).
  • Bestehende Diskriminierungen werden als normal angesehen (z. B. „Ist doch kein Wunder, wenn Frauen vergewaltigt werden, wenn sie so rumlaufen.“).

Was kann man gegen Hassrede unternehmen?

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In einigen Fällen hilft es, die UrheberInnen einfach zu ignorieren, denn oft wollen diese nur Aufmerksamkeit haben. Allerdings kann dies auch dazu führen, dass die Diskussionen dann von aggressiven Gruppen dominiert werden. Viele Plattformen (z. B. Online Games) und soziale Netzwerke verfügen mittlerweile über Möglichkeiten, NutzerInnen zu melden, die Hasspostings verfassen. Dazu sollte auf jeden Fall der jeweilige Beitrag, das Video oder der Chat-Mitschnitt dokumentiert werden (z. B. durch einen Screenshot), damit das Fehlverhalten nachgewiesen werden kann.  Ein wichtiger Beitrag zum Bekämpfen von Hate Speech wird durch Counter Speech, also Gegenrede, geliefert. Das bedeutet, dass auf Hassattacken durch richtiges Diskutieren und Argumentieren reagiert wird: Verständnisfragen oder Fragen nach Fakten können das Gegenüber schon veranlassen, die eigenen Aussagen zu überprüfen und darüber nachzudenken. Menschenverachtende Äußerungen sollten keinesfalls einfach hingenommen werden, sondern als solche bezeichnet werden. Am wirkungsvollsten ist das Entlarven von Falschinformationen oder Lügen, indem mit Fakten argumentiert wird. Selbst, wenn der Poster nicht überzeugt wird, ist es doch wichtig, dass Mitlesende aufgeklärt werden. Wegschauen und schweigen hilft vor allem jenen, die den Hass im Netz verbreiten!

Arbeitsanregungen und Quiz

Folgende Arbeitsanregungen für die Sekundarstufe I und II enthalten konkrete Arbeitsaufgaben, wie das Thema im Unterricht angegangen werden könnte:

Hier noch ein paar Fragen im Anschluss für die Überprüfung des Wissens oder auch als Einstieg in die Thematik (Was wissen die SchülerInnen bereits dazu?)  "Hate Speech":

Was gilt nicht mehr als Meinungsfreiheit?

  • im Internet darf man alles sagen und schreiben
  • wenn man andere bedroht
  • wenn die Menschenwürde angegriffen wird

Erklärung: Die Beleidigung, Herabsetzung und Bedrohung von anderen mit Worten ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Meinungsfreiheit ist kein absolutes Recht.

Eine der schlimmsten Konsequenzen von Hate-Speech ist, dass...

  • manche Leute nicht mehr online gehen
  • man Freunde verlieren kann
  • es zu realen körperlichen Angriffen kommt

Erklärung: Hate-Speech gehört zwar grundsätzlich zur digitalen Gewalt, kann sich aber durchaus auch auf die reale Welt auswirken und zu Verbrechen wie Angriffen oder Mord führen.

Was ist kein Merkmal von Hate Speech?

  • Hassreden sind weltweit gleich
  • Hassreden sind eine Form von Rassismus
  • Manche Gruppen sind stärker betroffen als andere

Erklärung: Hate Speech zeigt sich in jedem Land anders. Was als Hassrede gilt und was nicht, hängt sehr stark mit der Gesellschaft zusammen und ob es Konsequenzen für die Betroffenen gibt.

Welcher Bereich wurde durch die Gamergate-Kontroverse diskutiert?

  • Sexismus in der Computerspielkultur
  • mangelnde Darstellung anderer Hautfarben in Online-Spielen
  • Cybermobbing gegen männliche Spieler

Erklärung: Mit #Gamergate stellte 2012 Anita Sarkeesians Videos vor, wo sie unter anderem die sexistische Darstellung von Frauenfiguren in Computerspielen kritisierte. Daraufhin erhielt Sarkeesian sogar Morddrohungen.


 

Gastbeitrag von Dr. Sonja Gabriel, Hochschulprofessorin für Medienpädagogik und Mediendidaktik an der KPH Wien/Krems, arbeitet in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von PädagogInnen sowie in der Forschung rund um digitale Medien zum Lehren und Lernen.


Jeden 1. Mittwoch: Digitalisierung in der Praxis

schule.at und Playmit präsentieren jeden 1. Mittwoch im Monat einen Beitrag zu Praxisbeispielen aus dem Alltag mit Arbeitsanregungen für die Sekundarstufe I und II.

Weitere Unterstützung bei der Umsetzung der verbindlichen Übung Digitale Grundbildung bieten die Playmit Lehrbücher für SchülerInnen sowie das Lehrerheft.


 

Tipps der schule.at Redaktion

Handbuch gegen Hassreden im Internet
Der Europarat hat 2013 die No Hate Speech-Bewegung gegründet und 2014 ein Handbuch herausgegeben, das als Lehr- und Lernmaterial dienen soll, um Hate Speech zu verhindern. Es zeigt in 24 Unterrichtsbeispielen, wie 13-18-Jährige Hassreden entgegentreten können und liefert auch Hintergrundinformationen zum Thema "Hate Speech" sowie zu relevanten Menschenrechten.

Handbuch deutschsprachige Ausgabe (steht seit Anfang 2017 als zweite aktualisierte u. erweiterte Auflage zur Verfügung)
Handbuch englischsprachige Ausgabe
(2016 erweitert u. aktualisiert)

Dossier "Hass im Netz"
In unserem Dossier finden Sie Tipps für ein konstruktives Miteinander im Internet, Infos zur aktuellen Gesetzeslage, Linktipps und Beratungsstellen!

Mag. (FH) Ingrid Brodnig: "Der Ton online ist rauer"
Die Journalistin und Schriftstellerin Ingrid Brodnig beschäftigt sich in folgendem Videomitschnitt Ihres Vortrags mit der Debattenkultur im Internet und verrät, was jeder Einzelne gegen Hasspostings und Mobbing im Netz tun kann. Der Vortrag wurde im März 2017 im Bildungshaus Schloss Puchberg aufgezeichnet: